Timeline-Arbeit

Wenn wir über den Fluss der Zeit nachdenken, dann tun wir dies in der Regel über den Umweg der räumlichen Vorstellung. Wir drücken dies auch sprachlich aus.

  • Die Vergangenheit liegt hinter uns, die Zukunft vor uns.
  • Ein Rückblick geht in die Vergangenheit, ein Ausblick geht in die Zukunft.
  • Die Gegenwart stellen wir uns meist dort vor, wo wir uns jetzt gerade befinden.

 

Wenn wir einen Zeitstrahl vor uns sehen, dann liegt die Vergangenheit meist links und die Zukunft rechts. So stellen wir es auch in Präsentationen und Grafiken dar.

Diese gedanklichen und räumlichen Konstrukte können wir in der Veränderungsarbeit gut nutzen.

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Timeline-Arbeit auf der kognitiven Ebene

Es gibt viele Denk-, Planungs- und Moderationsformate, die eine Art kognitive Timeline-Arbeit darstellen.

Typische Varianten von Zeitreisen in die Vergangenheit im Business-Bereich sind:

  • Review
  • Retrospektive
  • Lesson Learned
  • Jahresrückblick (und alle anderen Arten von Rückblick)

Typische Varianten von Zeitreisen in die Zukunft im Business-Bereich sind:

  • Visionen
  • Strategische Planungen
  • Ziele
  • Projektpläne
  • Change-Architekturen

Eine Variante, der kognitiven Timeline-Arbeit, die wir häufig in Workshops oder im Coaching einsetzen, ist die Ziel-Timeline.

Dabei wird ein Punkt im Raum (oder auf dem Papier) markiert, der das Ziel darstellt. Im Idealfall wird das „Zielgefühl“ und auch die klare Vision des Zielzustandes aktiviert. (Was siehst du jetzt am Ziel? Was hörst du? Was fühlst du? Was denkst du? Was fühlst du?).

Reverse-Design-Timeline: Jetzt kann man auf der Timeline Schritte zurückgehen, z.B. mit Fragen wie: “Was war der letzte Schritt, bevor das Ziel erreicht wurde?“ „Was war der Schritt davor?“ bis zum heutigen Tag.

Forward-Design-Timeline: Alternativ können die Schritte von heute bis zum Ziel geplant werden.

Pseudo-Orientierung in der Zeit

Wenn wir im Coaching von Zeitreise-Interventionen sprechen, dann meinen wir allerdings mehr als den alltäglichen Umgang mit der Zeitorientierung. Im Alltag sprechen wir über Vergangenheit und Zukunft in dem Bewusstsein, dass wir uns in der Gegenwart befinden, also am „Nullpunkt“ des Zeitstrahls. Wir bleiben also in der objektiven Zeitorientierung.

Milton Erickson (und andere vor ihm) haben das Konzept der Pseudo-Orientierung in der Zeit therapeutisch genutzt, indem sie Klienten aufforderten, so zu tun, als sei JETZT bereits ZUKUNFT (Zeitprogression) oder als sei JETZT ein Moment in der VERGANGENHEIT (Regression). Auch die Wunderfrage stellt eine Pseudo-Orientierung in der Zeit dar, da sie nur über die Vorstellung funktioniert, dass die gewünschte Zukunft bereits eingetreten ist.

Reise durch die Lösungszeiten

Von Gunther Schmidt stammt eine Betrachtung der Timeline im Verlauf eines Beratungs- oder Coachingprozesses.

  1. Der Anlass für eine Beratung ist meist ein negatives Gefühl im Hier und Jetzt. Die aktuelle Wirklichkeitskonstruktion wird als Differenz zwischen Soll und Ist erlebt. Damit verbunden sind oft Gefühle von z.B. Stress, Druck, Angst, Schuld, Wut, Unlust, Unruhe etc.
    Eine wichtige erste Aufgabe des/der Berater*in ist das Pacing des von den Klienten empfundenen Leids. Die Anerkennung der Schwierigkeiten und die Wertschätzung der Durchhaltekompetenz der Klient*innen kann bereits einen wichtigen Unterschied machen, da dadurch Muster der Selbstabwertung unterbrochen werden können.
  2. Der nächste Schritt ist die Frage nach dem „erwünschten Erleben in der Zukunft“. Damit werden auch die Ziele des Coachings bzw. der Begleitung angesprochen und in einer ersten Iteration aktualisiert. Die Wunderfrage kann hier wichtige Informationen an die Oberfläche bringen. Häufig konzentrieren  sich die Klient*innen jedoch zunächst auf…
  3. …Beispiele für das Problem aus der Vergangenheit. Der/die Berater*in kann hierbei besonders auf bisherige Lösungsversuche sowie auf wiederkehrende Glaubenssätze, Wertvorstellungen, Identitätsaussagen, Metaphern, angesprochene Submodalitäten, positive Absichten und bestehende Kompetenzen achten. Vor allem die im sogenannten Problem enthaltenen Ressourcen (Kompetenzen, Fähigkeiten, Belastbarkeit etc.) können dem/der Klient*in gespiegelt werden.
  4. Eine nächste Frage des/der Berater*in kann auf positive Ausnahmen in der Vergangenheit abzielen. Damit werden sogenannte „bisherige Muster des Gelingens“ erfragt, die oft bereits mit Ressourcenzuständen einhergehen.
  5. Im nächsten Schritt können diese Muster des Gelingens (einschließlich Submodalitäten, Seiten aus dem inneren Teams, Fokus, Physiologie, innerer Dialog, Glaubenssätze, Werte usw.) auf die Zukunft übertragen werden (Future Pace). Dabei kann es vorkommen, dass die Klienten…
  6. …Ängste ansprechen, in der Zukunft zu versagen. Auch diese Gedanken können gut gepaced werden, vor allem wenn sie im Sinne einer kompetenten Szenarioplanung als nachvollziehbare und kluge Gedankenspiele formuliert werden (statt als Katastrophendenken, Problemtrance oder Negativspirale). Durch einen kompetenten Umgang mit dieser Szenarioplanung können…
  7. …wertvolle Einsichten gewonnen werden, wie auch bei möglicherweise bleibender Ambivalenz in der Zukunft ein schützender und hilfreicher Umgang damit gelingen kann. (Zweitbeste Ziele statt Sehnsuchtsziele, Lernziele statt Leistungsziele).
  8. Die Auswirkungen dieser Gedanken machen sich natürlich im Hier und Jetzt bemerkbar (das Gehirn kennt keine Vergangenheit und keine Zukunft, es lebt immer im Jetzt). Daher kann abschließend der Fokus auf die positive Unterschiedsbildung in der Gegenwart gelegt werden. Mit den entsprechenden Veränderungen in der eigenen Physiologie, im Fokus und im inneren Dialog. Meist ist auch ein besserer Zugang zu den eigenen Ressourcen spürbar.

Zum Abschluss einer solchen Reise durch die Lösungszeiten kann nun noch einmal der Transfer mit entsprechenden Aufgaben und/oder Reflexionen besprochen werden.

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