Die Wunderleiter ist eine Methode, die aufgrund ihres strukturierten Aufbaus als Leitfaden für Gespräche über Verhalten und Verhaltensänderungen dienen kann.
Die Wunderleiter beschreibt verschiedene logische Ebenen, auf denen Menschen Informationen verarbeiten und Verhalten und Kommunikation erzeugen. Eine Verhaltensänderung steht daher in Wechselwirkung mit den höher liegenden logischen/neurologischen Ebenen der Kompetenzen, Glaubenssätze, Werte, Identität und Sinn.
Anwendung der Wunderleiter im Coaching
In Gesprächen über Verhalten und Verhaltensänderung dient das Modell der Wunderleiter als Leitfaden. Mit geschulten “Coaching-Ohren” kannst du erkennen, auf welcher Ebene dein Gesprächspartner gerade aktiv ist. Darüber hinaus kann das Modell als innere Checkliste genutzt werden, um zu erkennen, auf welchen Ebenen Ressourcen vorhanden und aktivierbar sind und auf welchen Ebenen Barrieren bestehen könnten.
Wir betrachten die Anwendung dieses Instruments aus der Coaching-Perspektive. Wir sprechen dabei von den „Coaching-Ohren“ und den „Coaching-Fragen“. Zuhören und Fragen stellen sind wichtige Bestandteile eines Coaching-Prozesses. Der Coach hört aufmerksam und bewusst zu, versucht die Welt des Coachees zu verstehen und nutzt die Coaching-Fragen, damit der Coachee ein möglichst genaues Bild von sich selbst bekommt. Die „Coaching-Ohren“ und die „Coachingfragen“ greifen also wie kleine Zahnräder ineinander und ergänzen sich stimmig. Die „Coaching-Ohren“ geben in diesem Tool Hinweise darauf, was wir hören können – die „Coachingfragen“ geben Hinweise darauf, wie wir den Coachee auf seinem Weg auf der Wunderleiter begleiten können.
Die Ebenen der Wunderleiter
Umwelt: Der Kontext, in dem etwas geschieht. Zur Umwelt gehören auch andere Menschen.
Coaching-Ohren: Aussagen, die Umgebungen, Orte, andere Menschen und allgemein äußere Sinneseindrücke (visuell, auditiv, haptisch/kinästhetisch, olfaktorisch/gustatorisch) beschreiben.
Coaching-Fragen: Wo genau? Mit wem genau? Wann genau? Wie sieht es dort genau aus? Kannst du mir das genauer beschreiben? Was machen die anderen genau?
Veränderungen in der Umwelt können z.B. dadurch hervorgerufen werden, dass man andere Wege geht, andere Orte aufsucht, sich mit anderen Menschen umgibt.
Verhalten: Von außen beobachtbares Handeln, Kommunizieren, Interagieren mit der Umwelt.
Coaching-Ohren: Alle Beschreibungen von Handlungen, auch Kommunikation, Denken und Emotionen können als Verhalten betrachtet werden.
Coaching-Fragen: Was genau tust du? Was genau denkst du dann? Wie genau fühlst du dich dann? Hast du schon einmal anders reagiert? Wie möchtest du dich verhalten?
Veränderungen auf der Verhaltensebene sind komplex und stehen meist in Wechselwirkung mit den darüber liegenden Ebenen. Einfache Verhaltensänderungen, wie z.B. die Bedienung einer neuen Kaffeemaschine, sind jedoch rein auf der Verhaltensebene möglich. Die Veränderung von Gewohnheiten und Routinen ist meist ein Prozess über einen längeren Zeitraum mit häufigen Wiederholungen.
Kompetenz: Das, was eine Person bereits kann. Kompetenzfelder: Fachkompetenz, Selbstkompetenz, Sozialkompetenz, Methodenkompetenz.
Coaching-Ohren: Beschreibungen der eigenen Fähigkeiten. Manchmal auf einer bewussten Ebene: “Das kann ich gut” “Das fällt mir leicht”, oft aber auch auf einer impliziten Ebene.
Coaching-Fragen: Was genau musstest du dafür lernen? Wie hast du das gelernt? Was genau müsste ich lernen, um das auch zu können? Kannst du mir das beibringen? Was könntest du noch lernen?
Veränderungen auf der Kompetenzebene werden oft durch klassisches Training, Üben, Lernen erreicht.
Glaubenssätze: Glaubenssätze stehen für das, was Menschen über die Welt glauben.
Die Skala der Überzeugung kann von unsicher bis absolut sicher reichen:
- Unsicherheit: “Ich weiß nicht, wie ich um eine Gehaltserhöhung bitten soll.”
- Zweifel: “Ich weiß nicht, ob es besser ist, vorsichtig zu fragen oder selbstbewusst zu fordern.
- Hypothese: “Wahrscheinlich ist es am besten, wenn ich nächste Woche um ein Gespräch bitte”.
- Meinung: “Ich denke, dass mir eine Gehaltserhöhung von 10% zusteht”.
- Überzeugung: “10% stehen mir auf jeden Fall zu”.
- Sicherheit: “Nächste Woche bekomme ich eine Gehaltserhöhung von 10%”.
Glaubenssätze werden oft in “Wenn-Dann-Strukturen” ausgedrückt:
- “Wenn ich Erfolg haben will, muss ich mich anstrengen.”
- “Wenn ich Erfolg haben will, brauche ich vor allem Glück.”
- “Erfolg kann man nur haben, wenn man die richtigen Beziehungen hat”.
Glaubenssätze werden im Laufe der Entwicklung zu wichtigen und verallgemeinerten Leitsätzen im Umgang mit der Welt und anderen Menschen:
- “Männer sind…”
- “Frauen sind…”
- “Die Welt ist…”
- “Das Leben ist…”
Coaching-Ohren: “Wenn… dann…” “Es ist so: ….” “Immer, nie, alle, niemand…”
Coaching-Fragen: “Was ist für dich besonders hilfreich?” “Was könntest du noch einmal hinterfragen?” “Wie wäre es, wenn es anders wäre?” “Wie würde es jemand mit einer anderen Perspektive sehen?” “Wie kannst du diesen Gedanken nutzen?”
Veränderungen auf der Ebene der Überzeugungen können eine nachhaltige Wirkung haben, wenn sie das Weltbild aktualisieren und neues Handeln ermöglichen.
Werte: Das, was einem Menschen wichtig ist und ihn motiviert.
Werte können sehr unterschiedlich sein, von Abenteuer bis Zufriedenheit, von Wohlstand bis Work-Life-Balance. Eine interessante Übersicht über die Vielzahl der Werte findest du im Werte-Lexikon.
Coaching-Ohren: “Das Wichtigste ist…” “Ohne … macht es keinen Sinn” “Für mich ist …. wichtig”.
Coaching-Fragen: “Was erreichst du damit?” “Warum ist es für dich wichtig?” “Welches größere Ziel steckt dahinter?” “Was bringt das für dein Leben, für andere, für die Welt?” “Welchen Beitrag leistest du damit für dich selbst oder für andere?”
Veränderungen auf der Kompetenzebene werden oft durch klassisches Training, Üben, Lernen erreicht.
Identität: Das, was ein Mensch über sich selbst denkt, wer er zu sein glaubt, womit er sich identifiziert.
“Identität” klingt nach einem sehr festen Konstrukt, tatsächlich ist die gefühlte Identität eines Menschen veränderlich und kontextabhängig, je nachdem, welche Ressourcen und Assoziationsmuster gerade aktiviert sind. “Ich bin ein Loser” und “Ich bin der Beste” sind Sätze, die von derselben Person gefühlt und geäußert werden können, sogar am selben Tag und in Bezug auf dasselbe Thema. Es gibt jedoch einen gewissen Pool, eine Vorauswahl von Identitätsmustern, die oft als wiederkehrende Seiten einer Person beschrieben werden können: “Meine vorsichtige Seite” “Meine mutige Seite”. Die Frage ist also oft, welche Seite in einem bestimmten Kontext “das Sagen hat”, d.h. mit welcher Seite sich eine Person in diesem Kontext identifiziert.
Coaching-Ohren: “Ich bin jemand, der…” “So bin ich nicht” “Ich als xy sehe das so” “Ich habe diese Seite” “Ich sage zu mir selbst” (Welche Seite sagt etwas zu welcher anderen Seite?)
Coaching-Fragen: “Wer bist du in dieser Rolle?” “Wer bist du in diesem Moment?” “Welchen Titel / Spitznamen könntest du dir in diesem Moment geben?” “Welche anderen Seiten gibt es in dir zu diesem Thema?”
Hintergrund
Die Wunderleiter geht auf die Unternehmensberaterin und NLP-Lehrtrainerin Heidrun Strikker zurück und orientiert sich an den “logischen Ebenen der Veränderung” von Robert Dilts (1980er Jahre), der sogenannten “Dilts-Pyramide”. Dilts’ Ansatz wiederum basiert auf dem Ablauf von Lern- und Veränderungsprozessen des Anthropologen Gregory Bateson (1960er Jahre), und Bateson wiederum war inspiriert von der Typenlehre des Mathematikers und Philosophen Bertrand Russell (Anfang des 20. Jahrhunderts).
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