Ein Leitfaden für zielgerichtetes Coaching
Was ist das GROW-Modell?
Das GROW-Modell ist ein weit verbreitetes Strukturmodell für Coaching-Prozesse. Es bietet eine einfache, aber effektive Orientierung für die Gesprächsführung und unterstützt Coaches und Coachees dabei, zielgerichtet und lösungsorientiert vorzugehen. Das Modell eignet sich besonders im Kontext von kognitiv-behavioralem Coaching, kann jedoch durch weitere Methoden ergänzt werden, wenn emotionale, biografische oder soziale Themen eine Rolle spielen.
Die vier Phasen des GROW-Modells
GROW steht als Akronym für die vier Phasen eines Coaching-Prozesses:
Goal – Zielsetzung
Reality – Standortbestimmung
Options – Optionen und Lösungen entwickeln
Will (oder Way Forward) – Konkrete Schritte festlegen
Entstehung und Hintergrund
Das Modell wurde in den 1980er Jahren von Sir John Whitmore gemeinsam mit Graham Alexander und Alan Fine entwickelt und durch das Buch Coaching for Performance (1992) bekannt.
Haltung im Coaching-Prozess
Das GROW-Modell lebt von einer Haltung des aktiven Zuhörens, des Vertrauens in die Lösungskompetenz des Coachees und einer partnerschaftlichen Gesprächsführung. Ein professioneller Coach achtet während des gesamten Prozesses auf die Reaktionen des Coachees, erkennt emotionale Signale und bietet – je nach Situation – passende methodische Unterstützung an.
Typische Fragen im GROW-Modell
G – Goal (Zielsetzung)
Was genau möchten Sie erreichen?
Woran würden Sie erkennen, dass Sie Ihr Ziel erreicht haben?
Wie sieht Erfolg für Sie konkret aus?
R – Reality (Standortbestimmung)
Wo stehen Sie aktuell in Bezug auf Ihr Ziel?
Was haben Sie bisher unternommen?
Was funktioniert bereits gut, was hindert Sie noch?
O – Options (Möglichkeiten)
Welche Wege könnten Sie gehen?
Welche Alternativen fallen Ihnen noch ein?
Wenn alles möglich wäre, was würden Sie tun?
W – Will / Way Forward (Verbindlichkeit & Handlungsschritte)
Was genau werden Sie tun – und wann?
Was ist der erste Schritt?
Woran erkennen Sie, dass Sie auf dem richtigen Weg sind?
Wo liegen die Grenzen des Modells?
Obwohl das GROW-Modell sehr effektiv sein kann, eignet es sich primär für kognitiv-rationale Zielarbeit. In Situationen, in denen emotionale, biografische oder systemische Aspekte dominieren, braucht es eine Erweiterung um tiefenpsychologische, systemische oder emotionszentrierte Methoden. Gut ausgebildete Coaches kombinieren daher das GROW-Modell flexibel mit anderen Ansätzen.
Einsatzbereiche in der Praxis
Das GROW-Modell eignet sich besonders für zielorientierte Coaching-Prozesse, z.B. im Business-Coaching, bei der beruflichen Neuorientierung oder bei der Klärung von Entscheidungsfragen. Es bietet sowohl Anfängern als auch erfahrenen Coaches eine strukturierte Grundlage, die individuell ausgestaltet werden kann.
Beispiel: Coaching im Arbeitsalltag
Anna, Teamleiterin in einem mittelständischen Unternehmen, fühlt sich überlastet und möchte lernen, besser zu delegieren.
Goal: Anna möchte in drei Monaten so delegieren können, dass sie sich stärker auf ihre strategischen Aufgaben konzentrieren kann.
Reality: Aktuell übernimmt sie viele operative Aufgaben selbst, weil sie ihrem Team nicht ausreichend vertraut.
Options: Anna erkennt, dass sie durch gezieltes Feedback und mehr Kommunikation die Verantwortung im Team stärken könnte.
Will: Sie plant, innerhalb der nächsten Woche zwei Aufgaben konkret zu delegieren und ein Feedbackgespräch mit einer Mitarbeiterin zu führen.
Quellen & weiterführende Informationen
Whitmore, J. (1992). Coaching for Performance. Nicholas Brealey Publishing