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Coaching

Der Coaching-Trichter

Wie gelingt es professionellen Coaches, in komplexen Gesprächssituationen bewusst und zielgerichtet zu handeln? Das Modell des Coaching-Trichters bietet eine strukturierte Orientierung – von der Wahrnehmung bis zur methodischen Umsetzung.

Teilnehmende sitzen im Kreis, Coaching-Methodenkarten und Modelle liegen auf dem Boden – gemeinsames Arbeiten an Konzepten und Prozessen.

Ein Modell für Coaching-Kompetenz

Der Coaching-Trichter ist ein Modell zur Beschreibung professioneller Coaching-Kompetenz. Es wurde von Sebastian Quirmbach und Sebastian Grab entwickelt und visualisiert den inneren Verarbeitungsprozess, den Coaches in einem Gespräch durchlaufen – von der Wahrnehmung über Haltung und Wissen bis hin zur methodischen Umsetzung. Das Modell unterstützt Coaches dabei, bewusst und reflektiert zu handeln.

Die vier Ebenen des Coaching-Trichters

Der Coaching-Trichter besteht aus vier aufeinander aufbauenden Ebenen, die den inneren Reflexions- und Entscheidungsprozess eines Coaches strukturieren:

1. Wahrnehmung

Die breiteste Öffnung des Trichters steht für die differenzierte Wahrnehmung. Professionelle Coaches nehmen sowohl verbale als auch nonverbale und paraverbale Signale des Coachees wahr. Zusätzlich achten sie auf ihre eigene innere Resonanz, also auf ihre Gedanken, Gefühle und Körperreaktionen, sowie auf mögliche Beziehungsdynamiken im Coachingprozess.

2. Haltung

Durch die innere Haltung des Coache, die geprägt ist von Wertschätzung, Lösungsorientierung und Offenheit, wird die Wahrnehmung gefiltert und interpretiert. Erst durch diese Haltung wird Wahrnehmung zu relevanter Coaching-Information. Das Grundfundament ist dabei die sogenannte PLUS-PLUS-HALTUNG, die dem transaktionsanalytischen Grundsatz „Ich bin ok / du bist ok“ entspricht.

3. Wissen

Auf dieser Ebene wird das wahrgenommene und durch Haltung interpretierte Geschehen mithilfe von Fachwissen konzeptualisiert. Dazu stehen eine Vielzahl psychologischer, gruppendynamischer und systemischer Modelle zur Verfügung, mit denen sich Verhalten, Interaktion, Ziele und Strategien sortieren und erklären lassen. Coaches bilden auf Basis dieses Wissens Hypothesen für den weiteren Coachingprozess. Diese Fähigkeit wird Konzeptionalisierungsfähigkeit genannt.

4. Können

Am Ende des Trichters kommt die Methodenkompetenz der Coaches ins Spiel. Hier geht es um die konkrete Umsetzung, also die Auswahl einer passenden Intervention oder Handlung. Dies kann beispielsweise ein Rollenspiel, eine gezielte Frage, eine systemische Methode oder auch bewusstes Schweigen sein, das Raum für neue Erkenntnisse schafft. Entscheidend ist die Passung zum Prozess, zur Person und zur Situation des Coachees.

Anwendung in Coaching, Führung & Training

Der Coaching-Trichter dient als Reflexions- und Entwicklungsmodell für Coaches, Führungskräfte, Trainer*innen und Moderator*innen. Auch in Lernsituationen oder in der Supervision bietet das Modell eine klare Struktur, um den inneren Arbeitsprozess zu analysieren, zu strukturieren und gezielt weiterzuentwickeln. In der Praxis lässt sich das Modell auch zur Qualitätssicherung und Selbstevaluation nutzen.

Fallbeispiel aus der Praxis

Irene, eine erfahrene Coach, arbeitet mit einer Führungskraft zusammen, die in Konfliktsituationen sehr schnell emotional reagiert. Während des Gesprächs bemerkt Irene, dass sich die Coachee bei bestimmten Begriffen, wie beispielsweise „Gerechtigkeit” oder „Wertschätzung”, körperlich anspannt und ihre Mimik sich verändert.

  • Wahrnehmung: Irene nimmt die Veränderung in Mimik und in der Körperhaltung wahr, spürt auch in sich selbst eine Unzufriedenheit.

  • Haltung: Mit Offenheit und Neugier bleibt sie präsent, annehmend und beobachtend, ohne vorschnell zu interpretieren.

  • Wissen: Irene bildet unterschiedliche Hypothesen: zu einem möglichen Trigger aus dem organisationalen Kontext, zu möglichen biografischen Komponenten und zu den inneren Ressourcen der Klientin. Dabei hat sie theoretische Modelle zur Konfliktbeschreibung (Glasl) und zur Deeskalation (Rosenberg) im Hinterkopf und entwickelt nach und nach konkretere Strategien für die nächsten Schritte im Coaching.

  • Methodenkompetenz: Sie entscheidet sich, methodisch eine systemische Darstellung der Beziehungsmuster vorzuschlagen und dadurch eine „Bedürfnistransparenz“ zu ermöglichen. Als Alternative hierzu würde sie ihrer Klientin die Methode Lego Serious Play vorschlagen, um die Situation „begreifbar“ und sichtbar zu machen. Sie beobachtet genau die Wirkung der Übung auf ihre Klientin und speist mit dieser Wahrnehmung den Coaching-Trichter von Neuem. 

Beispiele für die Übersetzung des Coaching-Trichters in andere Rollen

Im Kontext der Moderation:

  • Wahrnehmung mit dem Fokus auf Gruppendynamik

  • Haltung der Ergebnisoffenheit

  • Wissen über Prozessdesigns und Methoden

  • Können in Visualisierung, Struktur und Kommunikation

Im Kontext des Trainings:

  • Wahrnehmung auf Lernsignale

  • Haltung aktivierend und reflexiv

  • Wissen über Didaktik und Methodik

  • Können in Methodenvielfalt und Transfer

Im Kontext der Führung:

  • Wahrnehmung auf Team, individuelle Mitarbeitende, Ziele und Unternehmensentwicklung

  • Haltung entwicklungsorientiert

  • Wissen über Change-Modelle, Projektmanagement und Führungsmodelle

  • Können in Kommunikation, Struktur und Leitung von Meetings

So wird das Modell zum universellen Reflexionsrahmen, der sich durch Kontext und Rolle differenziert.

Quellen und Referenzen