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Coaching auf allen Ebenen − Teil 2: Erfolgreich coachen auf der Performance-Ebene

Drei junge Erwachsene sitzen in einer Diskussionsrunde, halten Stifte und Notizblöcke, und sprechen konzentriert miteinander; im Hintergrund Poster mit Coaching-Inhalten.

Im ersten Teil unserer Serie konntest du einige Grundlagen erfahren, z.B. zum Freiburger Modell der Wirkfaktoren im Coaching oder zur Unterteilung von Coaching-AnsÀtzen auf der Skill-Ebene, Performance-Ebene und Persönlichkeits-Ebene. In diesem zweiten Blogbeitrag setzen wir die Reise mit unserer fiktiven Klientin Manuela fort.

Was bisher geschah: Wir haben Manuela in drei Sessions auf eine wichtige PrĂ€sentation vorbereitet. Da die Zeit knapp war und Manuela klare Verhaltensziele mitbrachte, haben wir uns vor allem auf die Skill-Ebene fokussiert. So konnte Manuela eine gute Struktur entwickeln und ihre PrĂ€sentation mehrfach ĂŒben und verbessern.

Fallbeispiel − Teil 2

Drei Tage nach dem PrĂ€sentationstermin schreibt Manuela wie vereinbart eine E-Mail. Der Termin ist gut gelaufen, sie konnte viel von dem umsetzen, was sie im Coaching erarbeitet hat. Sie hat aber auch gemerkt, dass sie ihr Potenzial nicht abrufen konnte, leicht nervös war und deshalb nicht mit voller Überzeugung auftreten konnte. Als GeschĂ€ftsfĂŒhrerin einer mittelstĂ€ndischen Steuerkanzlei möchte sie aber in Zukunft viel hĂ€ufiger bei Veranstaltungen sprechen und so neue Kunden gewinnen. Sie fragt, ob wir das Coaching fortsetzen können.

In einem Telefonat beschreibt Manuela: „Die Skills sind eigentlich da, ich war auch sehr gut vorbereitet und ich hatte das Coaching. Mein Ziel ist es, mich beim PrĂ€sentieren auch wohl und sicher zu fĂŒhlen und mit den Inhalten kreativ spielen zu können.“ Wir vereinbaren ein GesprĂ€ch zur genaueren AuftragsklĂ€rung.

AuftragsklÀrung mit den 4 Cs des Coaching

In der AuftragsklĂ€rung, aber auch zu Beginn jeder Session orientiere ich mich an den 4 Cs im Coaching: Contact – Content – Context – Contract.

Contact

Contact ist mehr, als nur Kontakt aufnehmen. Contact heißt Beziehung aufbauen. Dazu gehören z.B. Vertrauen, Offenheit, WertschĂ€tzung und Optimismus. Obwohl wir uns bereits kennen, ist die Kontaktphase (das erste C) wichtig und braucht Aufmerksamkeit.

  • Wir kommen schnell in einen guten Kontakt. Manuela spricht offen und frei. Körpersprache, Mimik und Gestik bestĂ€tigen eine gute Beziehung (man spricht hier auch von gutem Rapport).

Content

Content ist der thematische Inhalt des Coachings. Es geht um das Thema PrĂ€sentieren. Gleichzeitig wird aus dem Telefonat deutlich, dass nun neue Inhalte hinzukommen: Sicherheit, WohlfĂŒhlen und KreativitĂ€t.

  • Manuela macht deutlich, dass die geplanten KundenprĂ€sentationen in den nĂ€chsten Monaten eine große Chance fĂŒr ihr Unternehmen sind. Wichtige Aussagen, die ich mir notiere, sind z.B. „Ich bin aber eigentlich nicht so charismatisch“, „Andere sind darin besser“, „Ich weiß, dass es wichtig ist, aber der Gedanke an die nĂ€chsten PrĂ€sentationen macht mich irgendwie auch kraftlos und alles wirkt dĂŒster.“

Context

Context ist der Rahmen, der Einfluss auf das Anliegen der Klientin hat. Dazu gehören die relevanten Personen, aber auch andere Themen, die Einfluss auf die Klientin und ihr Anliegen haben, zum Beispiel aus dem privaten Umfeld.

  • Besonders relevant scheint fĂŒr Manuela, dass ihre Kunden hohe fachliche AnsprĂŒche haben, aber auch „von mir als Mensch ĂŒberzeugt sein mĂŒssen“. Bei diesen Gedanken fĂŒhlt sie sich unsicher und eher schwach. „Außerdem sind diese Kundenkontakte extrem wichtig fĂŒr unsere Zukunft. Das setzt mich auch unter Druck und ich fĂŒhle mich klein.“

Contract

Contract ist die Vereinbarung zwischen Coach und Klientin. Woran genau möchten wir arbeiten? Mit welchem Ziel, in welchem Zeitraum? Wer ĂŒbernimmt dabei welche Verantwortung?

  • Wir vereinbaren, dass wir ĂŒber einen Zeitraum von 6 Monaten in 10 Sessions zusammenarbeiten möchten. Ziele des Coachings sind:

    • Sicherheit beim PrĂ€sentieren aufbauen;

    • Eine entspannte und kraftvolle SouverĂ€nitĂ€t im Umgang mit den Erwartungen der Kunden entwickeln:

    • Kreative Freude bei der Vorbereitung und auch wĂ€hrend des Vortrages;

    • Diese ersten drei Ziele machen wir durch eine Skalierungsfrage messbar: Auf einer Skala von 0 bis 10 mindestens eine „gute Sieben“;

    • Aus den einzelnen Erfahrungen lernen, vor allem auch aus dem, was noch nicht gut lĂ€uft. Nach jeder PrĂ€sentation wird Manuela drei positive Dinge reflektieren, die sie beim nĂ€chsten Mal genauso machen möchte und drei Dinge, die sie beim nĂ€chsten Mal verbessern will.

Bereits beim Formulieren der Ziele sind mehrere Coaching-Tools zum Einsatz gekommen.

  • Die Ziele sind positiv formuliert (nicht „keine Angst“, sondern „Sicherheit“).

  • Skalierungsfragen helfen dabei, die Orientierung zu behalten und den Fortschritt zu messen.

  • „Aus der Erfahrung lernen“ bedeutet, dass wir nicht nur fixe „Leistungsziele“, sondern auch „Mastery-Ziele“ im Blick haben. Das heißt: Nicht nur „gut sein“ ist das Ziel, sondern „kontinuierlich besser werden“.

Die Performance-Ebene – meine Hypothesen als Coach

Die Kernelemente des Coachings sind Wahrnehmung, Haltung, Wissen und Können. Zur Wahrnehmung gehören die Aussagen von Manuela, aber auch ihr Tonfall, die Pausen im GesprĂ€ch und ihre Körpersprache im ersten Teil unserer Zusammenarbeit. Durch Fragen kann im Coaching noch mehr Information „an die OberflĂ€che gebracht werden“. Die Haltung im Coaching ist wertschĂ€tzend, ergebnisoffen und lösungsorientiert. Meine Grundhaltung in Bezug auf Manuela ist: „Klar schaffst du das!“ „Du bist enorm kompetent und hast alle Ressourcen, die du brauchst, um diese Herausforderung zu meistern!“ Meine Hypothesen bilde ich aus dieser Haltung und meiner Wahrnehmung heraus auf Basis meines Fachwissens. Welche Modelle können helfen, um die komplexe Herausforderung klar zu strukturieren? Was sind die Kernpunkte, die eine hilfreiche Entwicklung fĂŒr Manuela ermöglichen? Was sind mögliche Themen, die aktuell (noch) nicht angesprochen werden?

Meine Hypothesen fĂŒr die Arbeit mit Manuela

  1. „Die Skills sind da.“ „Ich war gut vorbereitet.“ –>Das bedeutet, dass auf der Verhaltensebene bereits klare Kompetenzen genutzt werden.

  2. „Die Kundenkontakte sind extrem wichtig fĂŒr unsere Zukunft.“ –> Es gibt rationale GrĂŒnde fĂŒr die Ziele im Coaching.

    • Auf der Skill-Ebene und auf der kognitiven Ebene liegen bereits Ressourcen, die genutzt werden können.

  3. „Ich will mich wohl und sicher fĂŒhlen. Ich will mit den Inhalten spielen.“ –> Manuela hat eine positive Vision, die wir nutzen können. Eine Seite in ihr muss also auch zuversichtlich sein, dass dies erreichbar ist.

  4. „Ich fĂŒhle mich unter Druck gesetzt.“ „Ich fĂŒhle mich kraftlos.“ –> Etwas in der Fantasie von Manuela wirkt sich so aus, dass sie es als Druck und Kraftlosigkeit erlebt. Das ist eine andere Seite in ihr, die nicht so zuversichtlich ist.

    • Mit dem Seitenmodell (Gunther Schmidt) oder dem inneren Team könnte Manuela beide Seiten in Kontakt und in Kooperation bringen.

  5. „Ich bin nicht so charismatisch.“ „Andere können es besser.“ –> Dies sind fixe Zuschreibungen im Sinne von „Es ist so.“ Es könnte darum sehr hilfreich sein, zum Thema „Fixed Mindset“ und „Growth Mindset“ (Carol Dweck) zu arbeiten.

  6. „Ich fĂŒhle mich klein.“ „Es wird dĂŒster.“ –> Diese Aussagen zeigen, welche innere Erlebniswelt Manuela gestaltet. Hier könnte eine Arbeit mit inneren Bildern und sogenannten „SubmodalitĂ€ten“ hilfreich sein.

Der Coaching-Plan – Arbeit auf der Performance-Ebene

Das Können im Coaching bezieht sich nun auf die Methodenvielfalt und die Methodensicherheit. Auf Basis der Wahrnehmung und der Hypothesen habe ich als Coach mehrere Interventionen im Hinterkopf, die im Coaching mit Manuela zielfĂŒhrend sein könnten.

  • Durch Ressourcenfragen das Bewusstsein fĂŒr die eigenen Handlungs-Kompetenzen stĂ€rken: Was hast du bei deiner letzten PrĂ€sentation getan, um deine Skills nutzen zu können? Wie genau hast du dich vorbereitet, damit du „gut vorbereitet warst?“. Durch konkrete Fragen nach dem eigenen Verhalten wird Manuela wahrscheinlich die Aufmerksamkeit mehr auf die Elemente lenken, die in ihrem eigenen Einflussbereich liegen.

  • „Die Kundenkontakte sind extrem wichtig.“ Hier hat Manuela eine mögliche Quelle der Motivation aber auch fĂŒr Druck. An diesem Punkt könnte eine Arbeit mit GlaubenssĂ€tzen sehr hilfreich sein: Was bedeutet es fĂŒr mich, dass diese Kontakte extrem wichtig sind? Was ist das Gute daran, dass ich als GeschĂ€ftsfĂŒhrerin solche wichtigen Kontakte pflegen kann? Was möchte ich gerne tun, um diese Kontakte zu pflegen und zu entwickeln? Wie kann ich souverĂ€n damit umgehen, wenn auch mal jemand nicht gleich begeistert ist?

  • Leistungsziele durch Mastery-Ziele ersetzen. Dieser Ansatz stammt aus dem Konzept des Growth-Mindset von Carol Dweck (ihr Buch heißt auf deutsch „Selbstbild“). Die wichtigste Umfokussierung in dieser Arbeit liegt darin, von einer statischen Haltung „Ich bin nicht charismatisch“, „Andere sind besser“ zu einer entwicklungsorientierten Haltung zu kommen: „Ich lerne meine Wirkung in PrĂ€sentationen immer besser zu beobachten, zu verstehen und zu entwickeln.“ „Von anderen kann ich noch viel lernen – das macht mir Freude.“

  • Die Arbeit mit den beiden oben erwĂ€hnten Seiten könnte sehr hilfreich sein. Hier ist der hypnosystemische Ansatz besonders wertvoll: Die zuversichtliche Seite könnte die Vision noch weiter stĂ€rken und sich unterschiedliche Szenarien des Gelingens und Lernen ausmalen. Gleichzeitig könnte die Seite, die sich klein und unter Druck fĂŒhlt mit viel WertschĂ€tzung eingebunden werden. Man könnte sie genauer befragen, was sie braucht, um sich wohlzufĂŒhlen und gut einbringen zu können.
    Wichtig ist hierbei, dass Manuela selbst auch als „innere GeschĂ€ftsfĂŒhrerin“ ihr inneres Team fĂŒhren kann und dann selbstbewusst entscheiden und planen kann.

  • Die Arbeit mit der inneren Vorstellung enthĂ€lt ebenfalls hypnosystemische Elemente, die auf den limbischen Ebenen wirksam werden. Gerade die Elemente „ich werde kleiner“ und „es wird dĂŒster“ könnten durch innere Regieanweisungen umgekehrt werden, so dass ein Ressourcenzustand entsteht. Möglicherweise sind auch andere SubmodalitĂ€ten (Untereigenschaften der fĂŒnf Sinneswahrnehmungen Sehen, Hören, Tasten, Riechen, Schmecken) hilfreich, z.B. indem Manuela ihren inneren Film nicht nur heller macht, sondern vielleicht auch farbiger, vielleicht eine rĂ€umliche Enge zu einer angenehmen Weite anwachsen lĂ€sst usw.

Der Coaching-Plan – Performance in PrĂ€sentationen mit Freude steigern

Die oben beschriebenen Hypothesen und Methoden sind wertvoll fĂŒr die Vorbereitung des Coaching-Prozesses. Es könnte sich aber auch jederzeit herausstellen, dass andere Hypothesen wertvoller sind und andere Methoden passender. Diese FlexibilitĂ€t muss im Coaching-Plan unbedingt berĂŒcksichtigt werden.

Zwei Kernelemente wĂŒrde ich als Coach allerdings klar ins Zentrum der Arbeit stellen.

Erstens: Das gemeinsame Entwickeln eines starken Performance-Zustandes fĂŒr Manuela. Wir können im Coaching immer wieder ĂŒben, eine stabile, freudige, kreative Haltung einzunehmen und aus dieser Haltung heraus nicht nur die PrĂ€sentation zu ĂŒben, sondern auch den souverĂ€nen Umgang mit allen möglichen Störungen.

Zweitens: Einen iterativen Entwicklungsplan, der sĂ€mtliche PrĂ€sentationen, die Manuela im Laufe der Zusammenarbeit hĂ€lt, als wichtige Informationsquelle fĂŒr weitere Wachstumsschritte utilisiert (nutzt). So wird aus jeder Erfahrung ein Schatz an wertvollen Erlebnissen, die der eigenen Entwicklung dienen. Vor allem mögliches negatives Erleben kann dadurch besonders wertvoll werden, da das Lernen hieraus besonders hilfreich sein kann.

Wie es mit Manuela weitergeht und wie sich das Coaching entwickelt erfÀhrst Du im dritten Teil dieser Serie. Dort werden wir auch Themen auf der Persönlichkeits-Ebene aufgreifen, die sich bereits in der ein oder anderen Aussage angedeutet haben.

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