Wie unbewusste Glaubenssätze unser Verhalten steuern – und wie wir sie hinterfragen können.
Das Konzept der Antreiber und Erlauber stammt aus der Transaktionsanalyse und wurde von Taibi Kahler entwickelt und erstmals veröffentlicht. Es beschreibt innere Glaubenssätze, die unser Denken, Fühlen und Handeln unbewusst beeinflussen. Antreiber sind tief verankerte Botschaften, die wir in der Kindheit verinnerlicht haben und die uns zu bestimmten Verhaltensweisen drängen. Erlauber hingegen helfen, diese Muster zu durchbrechen und flexiblere Handlungsmöglichkeiten zu entwickeln
Die Prägung unserer inneren Antreiber und ihre Auswirkungen
Als Kinder lernen wir alle auf ganz individuelle Weise, wie die Welt funktioniert und wie wir in dieser Welt funktionieren sollen, um Liebe, Anerkennung, Fürsorge und Geborgenheit zu erhalten. Dieser Lernprozess verläuft bei jedem Menschen anders, und schon in der frühen Kindheit entstehen Glaubenssätze und Überzeugungen, die das Weltbild und das Selbstbild prägen.
Im Kern fasst die Transaktionsanalyse sechs Antreiber zusammen, die aus der Sicht des Kindes die Frage nach dem eigenen Wert vervollständigen:
“Ich bin OK wenn…”
- “…ich perfekt bin.”
- “…ich stark bin.”
- “…ich mich beeile.”
- “…ich mich anstrenge.”
- “…ich es allen recht mache.”
- “…ich vorsichtig bin.”
Die sechs klassischen Antreiber
Laut der Transaktionsanalyse gibt es sechs grundlegende Antreiber:
- Sei perfekt! – Streben nach Fehlerlosigkeit und hoher Qualität
- Sei stark! – Unterdrückung von Emotionen, um Kontrolle zu bewahren
- Beeil dich! – Hoher Zeitdruck und Ungeduld
- Streng dich an! – Glaube, dass Erfolg nur durch harte Arbeit entsteht
- Mach es allen recht! – Wunsch nach Anerkennung durch Gefälligkeit
- Sei vorsichtig! – Starker Fokus auf mögliche Risiken und Gefahrenvermeidung (später hinzugefügt, Quelle: Kahler, 1980)
Antreiber bringen nicht nur Herausforderungen mit sich, sondern auch enorme Ressourcen, die im Alltag und Berufsleben nützlich sein können:
- Sei perfekt! – Genaue und qualitativ hochwertige Arbeit leisten
- Sei stark! – Souverän und selbstbestimmt sein
- Beeil dich! – Zielgerichtetes und effizientes Arbeiten
- Streng dich an! – Hohe Leistungsfähigkeit und Durchhaltevermögen
- Mach es allen recht! – Hohe Anpassungsfähigkeit und soziale Kompetenz
- Sei vorsichtig! – Umsichtiges und vorausschauendes Handeln
Wirkung von Antreibern und Erlaubern
Innere Antreiber werden so verinnerlicht, dass sie wie innere kritische Elternstimmen wirken. Dadurch können Antreiber in der Übertreibung sehr belastend wirken, Stress auslösen und das Selbstwertgefühl negativ beeinflussen (“Ich bin nicht gut, weil ich nicht…”).
Als Erwachsene können wir jedoch durch Selbstreflexion und Selbststeuerung einen positiven Umgang mit unseren Antreibern entwickeln, indem wir die Stärken unserer Antreiber nutzen, unsere inneren fürsorglichen Seiten aktivieren und uns “erlauben”, auch dann OK zu sein, wenn wir unseren inneren Antreibern nicht gerecht werden.
Die Erlauber als Gegenpol
Um die negativen Auswirkungen der Antreiber zu mindern, können sogenannte Erlauber genutzt werden:
- Ich darf Fehler machen und trotzdem wertvoll sein. (Gegenpol zu “Sei perfekt!”)
- Ich darf Gefühle zeigen und um Hilfe bitten. (Gegenpol zu “Sei stark!”)
- Ich darf mir Zeit nehmen. (Gegenpol zu “Beeil dich!”)
- Ich darf es mir leichter machen. (Gegenpol zu “Streng dich an!”)
- Ich darf meine eigenen Bedürfnisse ernst nehmen. (Gegenpol zu “Mach es allen recht!”)
- Ich darf Risiken eingehen und dennoch sicher sein. (Gegenpol zu “Sei vorsichtig!”)
Anwendung
In Coaching und Organisationsentwicklung werden Antreiber genutzt, um persönliche und berufliche Muster zu reflektieren. Methoden zur Identifikation und Veränderung sind z. B.:
- Selbstreflexion mittels Fragebögen (z. B. der Antreibertest)
- Einsatz von Erlauber-Sätzen in der täglichen Praxis
- Begleitung durch Coaching oder Supervision
- Visualisierung durch Modelle wie das Wegedreieck
Praxisbeispiel: Führungskräfteentwicklung
In einem Führungskräfteentwicklungsprogramm wurde festgestellt, dass viele Teilnehmende den Antreiber „Sei stark!“ verinnerlicht hatten. Dies führte dazu, dass sie Schwierigkeiten hatten, Emotionen zu zeigen oder um Unterstützung zu bitten. Durch gezielte Reflexion, Coaching-Sitzungen und den Einsatz von Erlauber-Sätzen wie „Ich darf meine Gefühle zeigen und trotzdem eine starke Führungskraft sein“ konnte ein bewussterer Umgang mit den eigenen Mustern entwickelt werden. Dies steigerte die emotionale Intelligenz und die Kommunikationsfähigkeit der Führungskräfte.
Quellen und Referenzen
Mehr zum Thema Antreiber:- Video von Steffen Raebricht: Die Inneren Antreiber (YouTube)
- Hans-Günther Simon (Wegedreieck Institut)
- Kostenloser Antreibertest: www.ipersonic.de
- “Innere Antreiber – So kommst du deinen Glaubenssätzen auf die Schliche” www.gluecksdetektiv.de