TZI − Dynamische Balance im Arbeitssystem

Im Modell der Themenzentrierten Interaktion (TZI) zeigt Ruth Cohn (1950) die Bedeutung der dynamischen Balance innerhalb eines Arbeitsprozesses auf und beschreibt, wie wichtig die Integration jeder (1) einzelnen Person und der (2) Teamdynamik in Bezug auf (3) das gemeinsame Thema inmitten der (4) äußeren Faktoren für den gemeinsamen Arbeitsprozess ist.

Dieses Tool geht dabei auf die 4 Expertisen der themenzentrierten Prozesssteuerung ein und beschreibt einzelne Rollen, um die dynamische Balance im Arbeitssystem zu entwickeln und zu erhalten.

Das Tool Beziehungsgestaltung im Arbeitsprozess greift den Aspekt der dynamischen Balance auf – konzentriert sich aber auf die Verbindungen zwischen den Faktoren ICH, WIR und THEMA und zeigt damit die Verantwortung der Führungskraft, die einzelnen Beziehungen im Arbeitsprozess bewusst zu gestalten.

TZI – ein Modell für erfolgreiche Zusammenarbeit in Teams

Cohn beschreibt in ihrem Modell ein Dreieck mit den Ecken Person (ICH), Team (WIR) und Thema (ES) und verbindet diese drei an einem Arbeitsprozess beteiligten Faktoren.

Dadurch werden die Beziehungen zwischen den Ecken deutlich: Jeder Einzelne braucht einen Zugang zum Thema und eine bestimmte Beziehung zum Team. Das Team wiederum braucht eine Ausrichtung auf ein gemeinsames Ziel.

Im dreidimensionalen Raum, in dem das Dreieck wie eine Waage inmitten der Weltkugel schwebt, wird das dynamische Gleichgewicht sichtbar und ein mögliches Ungleichgewicht erkennbar. Die Handlungen, die sich daraus für eine Führungskraft, eine*n Moderator*in oder einen Coach ergeben, dienen der gemeinsamen Arbeitsfähigkeit und fördern die Balance zwischen der einzelnen Person (ICH), dem Team (WIR) und den Themen und Zielen (ES).

Damit ist die Themenzentrierte Interaktion ein geeignetes Modell für Führungskräfte, Moderator*innen, Coaches und Trainer*innen. Die Beachtung aller Faktoren im Modell der dynamischen Balance ist für einen erfolgreichen gemeinsamen Arbeitsprozess wesentlich und basiert auf einem konstruktivistisch-humanistischen Menschenbild. Zur vertiefenden Auseinandersetzung mit dem Modell beschreibt Ruth Cohn die wesentlichen Elemente des TZI-Konzepts ausführlich auf der Website des Ruth Cohn Instituts.

Die 4 Expertisen der gruppendynamischen Prozesssteuerung

Je nachdem, auf welche Ecke des Dreiecks der Fokus in einem Interaktionsprozess gelegt wird, können die anderen Faktoren zu kurz kommen – es entsteht eine Dysbalance und der Arbeitsprozess wird beeinträchtigt. Was kann also eine Führungskraft, ein Coach, ein*e Moderator*in oder Trainer*in tun, um die dynamische Balance (wieder) herzustellen?

Sie können….

  1. die Balance und Dysbalance durch Beobachtung und aktives Fragen erkennen und
  2. mit den 4 Expertisen der gruppendynamischen Prozesssteuerung auf die Balance im Arbeitsprozess hinwirken.

Experte: Prozess

Grafik eines Dreiecks in einem Kreis. An den jeweiligen Ecken des Dreiecks stehen Thema, Person, Team/Gruppe. Der Kreis ist der Globe, der alles umgibt. In der Mitte des Dreiecks ist der Moderator als Punkt dargestellt.

In der Position „Prozessexperte/ Prozessexpertin“ befindet sich die Person, die moderiert, führt, coacht oder trainiert, in der Mittelposition zwischen den Faktoren Thema, Person und Gruppe.

Die moderierende Person befindet sich also in einem ausgewogenen Verhältnis zu allen drei Faktoren in der Mitte des „Globus“, der die äußeren Einflüsse repräsentiert.

Es ist die Position, in der die Leitungsperson gleichzeitig die größtmögliche Distanz im System wahren kann und damit eine geeignete Beobachterposition einnimmt, die es ihr ermöglicht, die Balance zwischen allen beteiligten Faktoren und Prozessen im Themenfeld der Gruppe zu halten.

Aus dieser Position heraus können Arbeitsprozesse gesteuert werden, ohne inhaltlich einzugreifen oder einzelne Personen zu beeinflussen. Aus dieser Position heraus lässt die Leitungsperson die Teilnehmenden arbeiten und gibt deren Expertise und Erfahrung Raum.

Experte: Inhalt

In der Position „Inhaltlicher Experte/inhaltliche Expertin“ befindet sich die Person, die führt, moderiert, coacht oder trainiert, in der Nähe des Themas und in Distanz zu den Teilnehmenden.

Hier übernimmt die Leitungsperson die Rolle des thematischen Experten und stellt ihre fachliche Expertise und ihr Know-how zur Verfügung.

In dieser Rolle gibt sie den Teilnehmenden Input zu einem bestimmten Thema und übernimmt die Verantwortung für die Ergebnisse, die in diesem Bereich zu diesem Zeitpunkt entstehen.

Durch diese Rolle befinden sich die Teilnehmenden in einer Rezipientenhaltung und sind weniger an der thematischen Erarbeitung beteiligt.

Experte: Gruppe

In der Position „Gruppen-Experte/Gruppen-Expertin“ befindet sich die Person, die führt, moderiert, coacht oder trainiert in der Nähe zur Gruppe der Teilnehmenden und in Distanz zum Einzelnen und zum Thema. In diese Position kann sich die Leitungsperson begeben, wenn Störungen in der Gruppe der Teilnehmenden auftreten, die sie an der Weiterarbeit hindern oder wenn andere Themen wichtiger werden. Hier ist die Leitungsperson in der Rolle der konstruktiven Führung und unterstützt die Gruppe in ihrer Entwicklung. Gerade zu Beginn oder am Ende einer Veranstaltung bekommt diese Rolle im gruppendynamischen Kontext eine wichtige Funktion, da die Gruppe hier verstärkt Orientierung benötigt, um gemeinsam in den Arbeitsprozess einzusteigen oder diesen abzuschließen.

Experte: Person

Grafik eines Dreiecks in einem Kreis. An den jeweiligen Ecken des Dreiecks stehen Thema, Person, Team/Gruppe. Der Kreis ist der Globe, der alles umgibt. In der An der linken Ecke des Dreiecks ist die Leitungsperson als Punkt dargestellt.

In der Position „Personen-Experte/Personen-Expertin“ befindet sich die Person, die führt, moderiert, coacht oder trainiert, nahe am Individuum und distanziert von der Gruppe der Teilnehmenden und dem Thema.

Diese Position kann die Leitungsperson einnehmen, wenn einer der Teilnehmenden im Arbeitsprozess nicht weiterkommt und eine individuelle Unterstützung benötigt, um wieder in den Prozess einzusteigen.

Die Leitungsperson ist hier in der Rolle des empathischen Förderers, der sich im Themenfeld der Gruppe ausschließlich um eine Person kümmert.

Die Gruppe der Teilnehmenden ist in der Position der Weiterarbeitenden und benötigt keine inhaltliche Unterstützung durch die Leitungsperson.

Du als Leitungsperson in der Rolle als Führungskraft, Moderator*in, Coach oder Trainer*in kannst dieses Modell sehr gut als eigenen Kompass nutzen:

  • Wo stehe ich gerade im gemeinsamen Arbeitsprozess?
  • Welcher der vier Faktoren kommt gerade zu kurz − wo muss ich hin?
  • Wo in diesem System war ich schon lange nicht mehr − was gerät aus meinem Blick?

Diese und weiters Fragen helfen dabei, die eigene Position im Arbeitsprozess zu bestimmen, bisherige Prozesse zu reflektieren und nächste Handlungsschritte zu entwickeln.

Das Modell eignet sich gleichermaßen für agiles oder klassisches Projektmanagement, Change Management oder Konfliktmanagement. Es zeigt sehr gut die Interdependenz der einzelnen Faktoren und verdeutlicht sehr anschaulich die Dysbalance als Ursache für langsame oder stockende Arbeits- oder Projektprozesse.

Quellen

Cohn, Ruth C.: Von der Psychoanalyse zur themenzentrierten Interaktion. 16. Auflage, Stuttgart, 2009, S. 120-128

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