Beziehungsdynamiken im psychologischen Spiel
Das Drama-Dreieck ist ein Modell aus der Transaktionsanalyse, das von Stephen Karpman entwickelt wurde. Es beschreibt typische Rollen und Dynamiken in konflikthaften oder manipulativen zwischenmenschlichen Interaktionen. Die drei Rollen im Drama-Dreieck sind der Täter, das Opfer und der Retter. Das Modell hilft, destruktive Verhaltensmuster zu erkennen und zu verstehen, um gesündere Kommunikations- und Interaktionsweisen zu fördern.
Rollen im Drama-Dreieck
1. Opfer (Victim)
Das Opfer fühlt sich hilflos, unterlegen und ungerecht behandelt. Es übernimmt keine Verantwortung für seine Situation und erwartet, dass andere es retten.
Eine typische Haltung in der Opfer-Rolle ist, selbst keine Verantwortung für die eigenen Gefühle zu übernehmen; Zugespitzt formuliert: “Du bist dafür verantwortlich, dass es mir gerade schlecht geht!” Typische Aussagen: ”Ich würde ja gerne, aber…”, “Wenn du anders entschiedenen hättest, dann könnte ich…”!
In der Opfer-Rolle orientiert sich die Person in Denken, Fühlen und Handeln an der Position des angepassten Kindes und entwickelt dadurch die weiteren Rollen im Drama-Dreieck.
2. Täter/Verfolger (Persecutor)
Der Verfolger kritisiert, beschuldigt und kontrolliert andere. Er agiert oft dominant und aggressiv, um seine Überlegenheit zu demonstrieren.
Die Täter-Rolle (die Position des kritischen Eltern-Ichs) wird in diesem Modell aus der Opfer-Rolle (der Position des angepassten Kind-Ichs) gesehen und entwickelt. Die Täter-Rolle gewinnt an Intensität durch die Unterstützung der Opferperspektive. Daher ist die Täter-Rolle nicht als “Start-Punkt” das Dramas zu sehen. Es beginnt mit der Opfer-Rolle, die eine Täter-Rolle entwickelt und einer Person oder Personen zuschreibt.
Typische Aussagen, die aus der Opfer-Rolle zu hören sind: “Das ist alles deine Schuld!”, “Du machst immer alles falsch!”
3. Retter (Rescuer)
Die Retter-Rolle bietet der Opfer-Rolle Hilfe an und übernimmt die Verantwortung für die Probleme des Opfers. Dabei ignoriert diese Rolle oft die eigenen Bedürfnisse und kann sich dadurch überfordert fühlen. Gleichzeitig kann sich die Retter-Rolle aber auch sehr gut anfühlen und ein Gefühl der Zufriedenheit und Befriedigung vermitteln. Durch das Gefühl einer anderen Person zu helfen, kann sich ein Gefühl der Macht entwickeln (Ich übernehme deine Verantwortung). In der Retter-Rolle orientiert man sich am fürsorglichen Eltern-Ich und bestätigt durch Denken, Fühlen und Handeln die Opfer-Rolle im Drama-Dreieck. Typische Aussagen: “Lass mich das für dich tun”, “Du brauchst mich”.
Dynamik im Drama-Dreieck
Die Rollen im Drama-Dreieck sind dynamisch und können sich schnell ändern. Opfer wird zum Täter aus der Perspektive des Täters und gleichzeitig wird der Täter zum Opfer. Der Retter kann das Opfer nicht retten (die Übernahme von Verantwortung für Gefühle ist nicht möglich) und wird durch die gescheiterten Rettungsversuche für das Opfer zum Täter. Der Retter kann sich dadurch angegriffen fühlen, sieht sich selbst als Opfer und das ehemalige Opfer wird zum Täter und es braucht eine neue Retter-Rolle. Somit verändert und entwickelt sich das Dramadreieck und ein Ausweg aus diesem Spiel ist oft nicht zu sehen.
Wege aus dem Drama zeigen sich aus einer dissoziierten Perspektive (Was erkenne ich, wenn ich mich erkenne?). Wenn die Personen in den Drama Rollen ihr eigenes Spiel erkennen, besteht die Möglichkeit, die aktuellen Beziehungsstrukturen kritisch zu hinterfragen und zu verändern. In einer assoziierten Position bleiben die Personen eng mit den Rollen verbunden und das Drama verfestigt sich.
So kannst du dieses Modell einsetzen
Konfliktbewältigung: Das Modell hilft, eigene und fremde Verhaltensmuster zu erkennen und zu verstehen. Dadurch können destruktive Dynamiken unterbrochen und konstruktivere Kommunikationsweisen entwickelt werden.
Selbstreflexion: Individuen können ihre eigenen Rollen im Drama-Dreieck erkennen und lernen, diese zu verlassen. Dies fördert persönliches Wachstum und gesündere Beziehungen.
Teamentwicklung: In Teams kann das Verständnis des Drama-Dreiecks helfen, Konflikte zu vermeiden und die Zusammenarbeit zu verbessern, indem alle Mitglieder zu mehr Eigenverantwortung und konstruktivem Verhalten ermutigt werden.
Strategien zur Vermeidung des Dramas
- Achtsamkeit und Selbstreflexion:
Erkenne deine eigene Rolle im Drama-Dreieck und reflektiere deine Verhaltensmuster. Übe dich in Selbstmitgefühl und übernehme Verantwortung für deine Gefühle und Handlungen. - Konstruktive Kommunikation:
Vermeide Schuldzuweisungen und Vorwürfe und verwende Ich-Botschaften in der Kommunikation, um deine Bedürfnisse und Gefühle auszudrücken. - Grenzen setzen:
Setze klare Grenzen, um dich selbst zu schützen und andere zu respektieren. Ermutige andere, Verantwortung für ihre Probleme zu übernehmen. - Lösungsorientiertes Denken:
Fokussiere dich auf Lösungen statt auf Probleme, arbeite gemeinsam an konstruktiven Lösungen und fördere eine kooperative Haltung.
Das Drama-Dreieck nach Karpman ist ein wertvolles Werkzeug, um destruktive Interaktionsmuster in zwischenmenschlichen Beziehungen zu erkennen und zu durchbrechen. Durch Selbstreflexion, konstruktive Kommunikation, Grenzen setzen und lösungsorientiertes Denken können Einzelpersonen und Teams gesündere und produktivere Beziehungen entwickeln.
Weiterführende Literatur:
Karpman, Stephen B.: Ein Leben ohne Spiele; Die neue Transaktionsanalyse der Vertrautheit, der Offenheit und der Zufriedenheit; Process Training and Consulting; 2016.