Die Führungsteams zweier Covid-Notfallkliniken haben für den Harvard Business Review einen spannenden Artikel verfasst mit 10 praktischen Führungs-Lektionen aus der Krise.
Seit vielen Jahren trainiere und coache ich Führungskräfte, auch im Gesundheitswesen. Oft sind dort die hierarchischen Strukturen weit stärker ausgeprägt als in anderen Organisationen. Status und Macht sind in Kliniken oft Teil einer starren Rangordnung. Wer unten auf der Leiter steht, hat wenig zu sagen − eine starke Ausprägung des Hero-Leadership (die Führungskraft als Held).
Umso spannender war es für mich darum, diesen Beitrag im HBR zu lesen. Was dort geschildert wird, ist modernes Führungsverständnis mit agiler Grundhaltung, Verantwortung liegt nicht im Machtzentrum, sondern in der Peripherie, durchzogen von Ansätzen aus dem Host-Leadership (die Führungskraft als Gastgeber).
Der zentrale Aspekt des Führungserfolges steckt laut den Autoren übrigens im zehnten Tipp: Präsenz zeigen! Das geht übrigens auch in der virtuellen Führungsarbeit, denn Präsenz hat nichts mit Entfernung zu tun.
Beim Lesen erfährt man, dass der Erfolg bei der Bewältigung der täglichen Krisen in selbstorganisierten flexiblen Teams lag, die Verantwortung übernehmen konnten und Fehler machen durften. Sehr wichtig ist dabei der Kommentar, dass eine hohe Toleranz für Fehler nicht das Gleiche ist wie eine Toleranz für Inkompetenz. Im Gegenteil, kompetente Teams konnten schnell aus Fehlern lernen und das Gelernte an alle anderen weitergeben.
Ganz wesentliche Aufgaben der Führungskraft waren übrigens: klare Erwartungen und Ziele kommunizieren und Entscheidungen nicht hinauszögern. Aber vor allem eines: Präsenz zeigen!
Es ist beeindruckend, was in diesem Jahr von Ärzten, Pflegern, Auszubildenden, Mitarbeitern und Führungskräften in den Gesundheitssystemen geleistet wurde. Ich wünsche allen Beteiligten, dass aus den Erfolgen von 2020 auch für die Zukunft gelernt wird. Dann wird “das neue Normal” kein Rückfall in alte Hierarchien, sondern tatsächlich ein “besser als zuvor”.